Musik als Vision

In der experimentellen Musik stehen wir den Klangmöglichkeiten der natürlichen und menschengemachten Welt völlig offen gegenüber. Alle Objekte in unserer Lebenswelt gelten uns als klangfähig und was auch immer wir mit unseren Ohren wahrnehmen können, erkennen wir als gleichberechtigtes Musikelement an.

Wir gehen darum auch auf die Zufälligkeiten der Klangbildung neugierig zu, und Zuhören selber wird zum Musizieren. Bei der spontanen Improvisation und beim gemeinsamen «Komponieren im Moment» üben wir uns schliesslich darin, als kreative Gäste tolerant am Klangfluss der Dinge teilzunehmen, mitgestaltend und auf Zeit.

Komposition ist so stets unvollendete Forschung am neuartigen Klangraum und wird zum Abtasten der Welt und der eigenen Präsenz in ihr.

Bei Tönstör tragen wir diese verbindende Kraft der experimentellen Musik in die Gesellschaft zurück. Statt eine Nische für die Wenigen zu bespielen, geben wir Menschen bewusst diese innovativen, künstlerischen Prinzipien an die Hand, um sie kulturell und persönlich zu ermächtigen.

Wir lassen Menschen erfahren, wie man mit den natürlichen Fähigkeiten des Hörens, Intonierens, Rhythmisierens und Begleitens komplexe Klangwelten erschaffen kann und ermutigen sie, ihre persönliche Lebenswelt musikalisch ernst zu nehmen und anderen selbstbewusst vorzuführen.

In dieser Weise versuchen wir zu vermitteln, dass experimentelles Musizieren eine Lebenshaltung sein kann, die uns aufgeschlossen und erneuernd auf die Welt zutreten und die Themen unserer Zeit besser verstehen lässt.

So nehmen wir die Töne auf die Stör, tönen mal störend, stören mal tönend – Tönstör eben.

Thomas Jacobi
Künstlerischer Leiter